Theaterlandschaft München
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Residenztheater: "Torquato Tasso" von Goethe, Regie: Philipp Preuss

Tasso im Residenztheater, leider eine herbe Enttäuschung.

Schon während der Inszenierung kommt man als Zuschauer nicht umhin, sich die klassische Frage zu stellen: was hat der Künstler sich nur dabei gedacht? Besser gesagt DIE Künstler! Warum kommt Autor Johann Wolfgang von Goethe auf die Idee, die ewigen Litaneien des angeblich missverstandenen Dichterfürsten Torquato Tasso seien ein bereichernder Stoff für die deutsche Theaterbühne? Und viel wichtiger, warum kommt Regisseur Philipp Preuss 200 Jahre später auf den selben Gedanken? Hätte der Regiesseur den Stoff wenigstens auf eine andere, vielleicht aktuellere Ebene übertragen. Doch nein. Die Inszenierung nimmt ihren Lauf, ohne dass jemals merkbar mit dem Inhalt gebrochen wird. So wird der Zuschauer eher irritiert mit der Frage zurückgelassen: "Tasso, was ist denn eigentlich dein Problem?"

Doch allein mit einem schlechten Stoff ist ja im Theater noch nicht alles verloren. Allerdings kann Philipp Preuss auch mit dem Rest seiner Inszenierung leider nicht überzeugen. Es wirkt wie ein reines Sammelsurium an wahllos zusammengewürfelten theatralen Mitteln. Vom glitzernden Konfettiregen, über den ewig beliebten Einsatz von Videotechnik, bis zu dem Rudel an Statisten, die Torquato Tasso wie eine Schar zahmer Küken hinterherwuseln. Keines der Mittel scheint so recht mit dem anderen, geschweige denn mit dem Inhalt, in Verbindung zu stehen.

Auf der anderen Seite ist das bewundernswerteste und charmanteste Element des Abends eindeutig Valery Tscheplanowa in ihrer Rolle als Tasso. Unermüdlich rezitiert sie gewaltige Textmassen, die zum Teil leider vollkommen in der musikalischen Begleitung oder dem Kanon der Statisten untergehen. Auch Norman Hacker fügt sich wie immer wunderbar nahtlos in die Rolle des überheblich, eloquenten Widersachers ein.

Circa 20 Minuten vor Schluss wird dann das wohl unterhaltsamste Schauspiel des Abends geboten. Allerdings nicht von den Akteuren auf der Bühne, sondern von den Technikern des Hauses, die noch während der Handlung, beginnen, die Bühne systematisch abzubauen. Dankbar für eine Ablenkung von den ewigen Leiden des Tasso und dem sanft dahin rauschenden Textfluten, erfreut sich der Zuschauer an dem routinierten Treiben der Handwerker.

Am Ende dieses Theaterabends bleibt dann nur noch eine Frage: "Was zur Hölle ist 25/7?"

Weitere Infos zum Stück gibt es hier!

(Kritik von Karoline Becker, Studentin, 23 Jahre)