Theaterlandschaft München
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Münchner Kammerspiele: "Rechnitz (Der Würgeengel)" von Elfriede Jelinek, Regie: Jossi Wieler

Elfriede Jelineks "Rechnitz (Der Würgeengel)" befasst sich mit dem Massaker an 180 Juden als Höhepunkt einer NS-Promi-Feier und die damit verbundene menschliche Grausamkeit. Sie versucht jedoch nicht ein historisches Verbrechen möglichst detailgenau zu rekonstruieren, sondern den allgemeinen Terror des Nazi-Regimes widerzuspiegeln. In den Münchner Kammerspielen wurde das Stück 2008 uraufgeführt.

Zu Beginn erscheinen fünf Berichterstatter, um sich über die Begebenheiten der NS-Feier auf Schloss Rechnitz zu äußern. Als das Fest zu überschäumen droht, werden zur Belustigung aller 180 jüdische Zwangsarbeiter herangekarrt und hingerichtet. Später werden die Leichname für alle Ewigkeit verscharrt und das Ereignis totgeschwiegen - weder Täter noch die Opfer sind je auf der Bühne zu sehen.

Der Jelinek-erprobte Regisseur Jossi Wieler und ein brillantes Ensemble aus Hildegard Schmahl, Katja Bürkle, André Jung, Hans Kremer und Steven Scharf stellen dies in einfacher, dennoch beklemmender und irritierender Weise dar. Die Inszenierung ist eine gut gelungene Interpretation von Jelineks Stück. Allerdings ist die fast schon anzügliche und laszive Spielweise der Schauspieler anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, reflektiert jedoch sehr zutreffend die Lasterhaftigkeit und Abgründe der menschlichen Seele. Wieler "inszeniert nicht nur die Banalität, sondern auch die Obszönität des Bösen".

(Kritik von Mariella Röhrl, Studentin, 24 Jahre)